Fach­kräf­te­man­gel ver­ur­sacht ent­gan­ge­nes Wert­schöp­fungs­po­ten­zi­al von fast 100 Mil­li­ar­den Euro

Laut dem In­sti­tut für Ar­beits­markt- und Be­rufs­for­schung (IAB) könn­te der deut­sche Ar­beits­markt bis 2035 um bis zu sie­ben Mil­lio­nen Ar­beits­kräf­te schrump­fen.

Feh­len­de Fach­kräf­te sind ein im­mer aku­te­res Pro­blem für die deut­sche Wirt­schaft. Mehr als die Hälf­te der Un­ter­neh­men kann nicht alle of­fe­nen Stel­len be­set­zen, wie aus ei­ner DIHK-Um­fra­ge her­vor­geht.

Mehr als die Hälf­te der deut­schen Un­ter­neh­men hat Schwie­rig­kei­ten, of­fe­ne Stel­len zu be­set­zen. Das geht aus ei­ner Um­fra­ge un­ter fast 22.000 Be­trie­ben her­vor, die der Deut­sche In­dus­trie- und Han­dels­kam­mer­tag (DIHK) heu­te ver­öf­fent­lich­te. „Wir ge­hen da­von aus, dass in Deutsch­land rund zwei Mil­lio­nen Ar­beits­plät­ze va­kant blei­ben“, sag­te der stell­ver­tre­ten­de DIHK-Haupt­ge­schäfts­füh­rer Achim Dercks in Ber­lin. „Das ent­spricht ei­nem ent­gan­ge­nen Wert­schöp­fungs­po­ten­zi­al von fast 100 Mil­li­ar­den Euro.

„Eine ge­fähr­li­che Mi­schung“

Der Fach­kräf­te­man­gel bleibt da­mit ei­nes der größ­ten Pro­ble­me für die deut­sche Wirt­schaft. Die Her­aus­for­de­run­gen bei der Stel­len­be­set­zung hät­ten sich im Vor­jah­res­ver­gleich noch ein­mal ver­schärft, ob­wohl die Be­trie­be viel­fach ein wirt­schaft­lich schwie­ri­ges Jahr er­war­tet und ihre Per­so­nal­pla­nung her­un­ter­ge­schraubt hät­ten, hieß es vom DIHK. 53 Pro­zent der Fir­men ga­ben im Rah­men des Fach­kräf­te­re­ports an, von Per­so­nal­eng­päs­sen be­trof­fen zu sein – nach 51 Pro­zent im Vor­jahr.

Noch nie hat­ten so vie­le Un­ter­neh­men Kom­pli­ka­tio­nen beim An­wer­ben neu­er Mit­ar­bei­ter. Die Si­tua­ti­on sei zwar re­la­tiv sta­bil auf dem Ar­beits­markt, trotz Co­ro­na-Pan­de­mie und En­er­gie­kri­se. „Un­ter der Ober­flä­che braut sich aber seit ge­rau­mer Zeit eine ge­fähr­li­che Mi­schung zu­sam­men“, so Dercks. Das be­las­te nicht nur ein­zel­ne Un­ter­neh­men, son­dern brem­se auch den Aus­bau der In­fra­struk­tur, die En­er­gie­wen­de und die Di­gi­ta­li­sie­rung.

Be­son­ders schwer­wie­gend sind die Pro­ble­me mit ei­nem An­teil von 67 Pro­zent bei Her­stel­lern elek­tri­scher Aus­rüs­tun­gen. Im Ma­schi­nen­bau sind es eben­so vie­le, im Fahr­zeug­bau 65 Pro­zent. Bei Ge­sund­heits- und So­zi­al­dienst­leis­tern kla­gen so­gar 71 Pro­zent über Schwie­rig­kei­ten. Auf­fäl­lig ist auch die Not der Lo­gis­tik­bran­che. „Das Feh­len von Fah­rern bei den Lo­gis­tik­be­trie­ben er­schwert zu­neh­mend die pünkt­li­che Be­lie­fe­rung mit End­pro­duk­ten im Han­del, aber auch mit Roh­stof­fen und Vor­leis­tun­gen in der In­dus­trie“, sag­te Dercks. Im Gast­ge­wer­be führ­ten Per­so­nal­eng­päs­se zu ei­nem ein­ge­schränk­ten An­ge­bot und re­du­zier­ten Öff­nungs­zei­ten.

We­ni­ger Bü­ro­kra­tie, mehr Ein­wan­de­rung

Um die Si­tua­ti­on zu ver­bes­sern, for­dert die Un­ter­neh­men dem DIHK zu­fol­ge vor al­lem ei­nen Ab­bau von Bü­ro­kra­tie, den sich 52 Pro­zent wün­schen. So könn­te mehr Per­so­nal für die ei­gent­li­chen Auf­ga­ben der Fir­men ein­ge­setzt wer­den. Zu­dem sol­le be­ruf­li­che Bil­dung ge­stärkt wer­den. Die stär­ke­re Qua­li­fi­zie­rung von Ar­beits­lo­sen wird eben­falls als Aus­weg ge­se­hen.

Drin­gend nö­tig sei­en auch wei­te­re Ver­bes­se­run­gen bei der Ver­ein­bar­keit von Fa­mi­lie und Be­ruf und der Er­werbs­be­tei­li­gung Äl­te­rer, so der DIHK. So hat etwa der Ärz­te­ver­band Virch­ow­bund jüngst alle Arzt­pra­xen dazu auf­ge­ru­fen, den Pra­xis­be­trieb auf eine Vier-Tage-Wo­che um­zu­stel­len. Ne­ben wirt­schaft­li­chen Er­wä­gun­gen sei es auch ein „Zei­chen ge­gen die im­mer stär­ker aus­ufern­de Bü­ro­kra­tie in den Arzt­pra­xen und als Mit­tel ge­gen den Fach­kräf­te­man­gel“.

35 Pro­zent der Be­trie­be er­hof­fen sich dar­über hin­aus Fort­schrit­te durch eine er­leich­ter­te Ein­stel­lung aus­län­di­scher Fach­kräf­te, wie der DIHK mit­teil­te. Schät­zun­gen zu­fol­ge sind je­des Jahr 400.000 Zu­wan­de­rer im Sal­do nö­tig, um die Lü­cke am deut­schen Ar­beits­markt zu schlie­ßen. Denn die­se Lü­cke ist groß: Laut dem In­sti­tut für Ar­beits­markt- und Be­rufs­for­schung (IAB) könn­te der deut­sche Ar­beits­markt bis 2035 um bis zu sie­ben Mil­lio­nen Ar­beits­kräf­te schrump­fen, wenn nicht ge­han­delt wer­de.

Quel­le: Ta​ges​schau​.de